Corona! Meine ganz persönliche Bilanz.

von | Dez 14, 2020 | Offtopic | 1 Kommentar

Zum Haare raufen.

Wörter und Phrasen, die ich jetzt nicht mehr hören mag: Neue Normalität. Kurzarbeit. Mund-Nasen-Schutz. Digitale Überwachung. Lock-down. Geschlossene Grenzen. Aber dieser Wunsch wird wohl in den nächsten Monaten genauso unerfüllt bleiben, wie ein gemeinsamer Besuch von Osterhase und Christkind an meinem Geburtstag.

Sich die Haare raufen @ Istockphoto
Sich die Haare raufen @ Istockphoto

Ganz ehrlich, mein unerschütterlicher Optimismus wird zeitweise auf eine harte Probe gestellt. Nämlich dann, wenn ich die IWF Prognosen für die österreichische Wirtschaftslage höre („BIP sinkt in Österreich 2020 um beinahe sieben Prozent“). Oder wenn ich im UNWTO Webinar solche Grafiken präsentiert bekomme: „International tourist arrivals worldwide“

UNWTO Ausblick Internationaler Tourismus - Corona

Quelle: UNWTO

Willkommen in einer anderen Welt!

Es ändert sich so vieles – was vor kurzem noch unvorstellbar für uns war. Mit Ende April hat das World Travel and Tourism Council verlautbart, dass rund 100 Millionen Menschen weltweit wegen der Krise ihre Jobs verlieren, ein Drittel davon direkt in der Tourismus Industrie, 60% davon sind übrigens Frauen. Wir sprechen hier von 20 Millionen Frauen ohne Einkommen. Frauen sind für die Tourismus Industrie extrem wichtig – nicht nur, weil sie viele Positionen besetzen (die typischen „Arbeitsbienen“), sondern auch, weil 80% der Haushaltsentscheidungen von ihnen getroffen werden. Sie treffen also meistens die Entscheidung für die ganze Familie, wie und wo Freizeit verbracht wird – dazu gehört natürlich auch die Urlaubsentscheidung.

Wenn diese Frauen jetzt keine oder geringere Einkommen zur Verfügung haben, wird klarerweise auch weniger Budget in genau diese Tourismus- und Freizeitwirtschaft zurück fließen.

Tourismus, Gastronomie & Handel in Österreich

Auch in Österreich ist nicht nur der Tourismus- und Gastronomiesektor besonders betroffen, sondern auch der Handel (das böse Amazon macht Rekord-Umsätze, während österreichische Händler durch die Finger schauen). Als Onliner möchte ich jetzt keine Diskussion starten, dass Händler das Online Geschäft schlicht weg verschlafen haben (meine persönliche Meinung!) – die Vorzeichen waren da!

Jetzt wird oft in einer Hau-Ruck-Aktion ein Shop auf die Beine gestellt, der dann mehr schlecht als recht funktioniert und natürlich mit einem Amazon in keiner Weise konkurrenzfähig ist. Was übrigens auch der perfekte Shop kaum lösen wird – weil Amazon nicht nur technisch voraus ist, sondern vor allem durch den Preisdruck und die kompromisslos auf Kundenbedürfnisse ausgerichtete Reklamationspolitik alles andere in den Schatten stellt. Hier kann kein Schuhhändler ums Eck konkurrieren. Und auch kein „Kaufhaus Österreich“. Darüber wurde an anderer Stelle schon genug diskutiert, ich möchte hier nicht weiter darauf eingehen.

Todesstoß und Panik?

Die Leidtragenden sind auch die ganzen Zulieferer (für Gastronomie und Tourismus), von Eventagenturen und Nachtclubs gar nicht zu sprechen. Ein Todesstoß für so manches über viele Jahre mühsam und mit viel Herzblut aufgebautes Unternehmen. Daran zu denken verursacht ein Gefühl in mir, das mit nichts anderem als Verzweiflung und kurzer Panik zu vergleichen ist. Was, wenn mir das passiert? Über 20 Jahre habe ich alle Energie in crosseye investiert. Kann diese Krise auch ein Ende für crosseye bedeuten? Unvorstellbar und jetzt trotzdem plötzlich möglich – wie so vieles. Auch wir sind betroffen – 100% meiner Kunden waren und sind im Lockdown, ohne Umsätze und mit unsicheren Budgets für 2021.

Statt aber den Kopf in den Sand zu stecken und die Panik mehr als ein paar Sekunden aufkommen zu lassen, stand für mich sofort fest – #crosseyetutwas – und gemeinsam mit meinem wunderbaren Team haben wir einiges aus dem Boden gestampft, Neues ausprobiert, wahnsinnig viel gelernt und sind voller Zuversicht unterwegs ins neue Jahr. Wir haben nichts unversucht gelassen, unsere Kunden bei der Hand genommen und mit ihnen gemeinsam die letzten Monate gekämpft. Gekämpft um jeden Gast, der – wann immer auch die Türen wieder geöffnet werden dürfen – in einem der Top Betriebe seine Sehnsucht nach Urlaub stillen wird. Und das wird er ganz bestimmt.

Vertrauen und partnerschaftliche Zusammenarbeit

Ich könnte zerspringen vor Stolz, wenn ich in einer E-Mail eines Kunden lese, wie gut aufgehoben er/sie sich bei uns fühlt, wie tief das Vertrauen ist. In guten wie in schlechten Zeiten. Partner, auf die man sich verlassen kann, auch wenn wir viele im Jänner/Februar das letzte Mal persönlich getroffen haben. Kein digitales Tool kann ein Gespräch am gemeinsamen Tisch ersetzen – danach sehnen wir uns alle! Aber wir haben Lösungen gefunden, ganz individuell von Kunde zu Kunde, wie wir trotzdem in Kontakt bleiben und gemeinsam weiter an Projekten arbeiten können. Und das tut so gut. Ein Verdienst des gesamten Teams – das sich aktuell gerade in Woche 7 der zweiten Phase Homeoffice befindet.

crosseye und die nächsten Jahre

Mein Bauchgefühl sagt mir, wir als Agentur müssen weiter so innovativ und geschickt auf die Veränderungen reagieren, wie wir es von unseren Kunden immer verlangen. Neues erschaffen, nicht ausruhen auf Dingen, die gut funktionieren, ausprobieren, Fehler machen, lernen, und es geht von vorne los. Daher ist auch bei crosseye einiges in Bewegung. Wir sind gewachsen in diesem Jahr – nicht nur an Köpfen. Aus einem kleinen überschaubaren Team wird immer mehr eine Organisation, die Prozesse braucht. Persönliche Entwicklung der einzelnen Mitarbeiter, ausrichten aller Prozesse an Kundenbedürfnissen, immer wieder reflektieren und bestehendes hinterfragen – langweilig wird mir nicht 😉.

Mehr am Unternehmen arbeiten anstatt im operativen Geschäft die Finger mit im Spiel zu haben – ein dauerndes Katz und Maus Spiel für mich. Mir Zeit für Kundengespräche zu nehmen, ohne Projekt und Auswertung, sondern um Feedback zu bekommen und Kundenbedürfnisse zu spüren gehört hier genau so dazu wie die intensive Auseinandersetzung mit unseren Produkten für die Zukunft.

Das andere Weihnachten

Heuer ist alles anders. Keine Weihnachtsfeier, Wichteln über Zoom und sogar unsere Adventkränze, die wir die letzten Jahre immer persönlich an Kunden übergeben haben, sind ein Opfer der Krise geworden. Liebe Blumenhändler, es tut mir so leid, nächstes Jahr bestimmt wieder! Ich habe mich dazu entschieden, unser Weihnachtsbudget der Caritas zu spenden, um diejenigen zu unterstützen, die besonders hart getroffen sind. Solidarität ist mir wichtig.

CARITAS - Nothilfepaket - croseyetutwas

Nur gemeinsam schaffen wir es, so lange durchzuhalten, bis Menschen wieder reisen dürfen, bis wir uns wieder um den Hals fallen können und die Nacht zum Tag machen, weil wir feiern und alles nachholen, was 2020 nicht möglich war. Das alles wird wieder sein. Und das ist die gute Nachricht.